Goethe und Carl August by Sigrid Damm

Goethe und Carl August by Sigrid Damm

Autor:Sigrid Damm
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Faust, Goethe, Jena, Klassik, Männerfreundschaft, Napoleon, Schiller, Weimar, Weimarer
Herausgeber: Insel Verlag
veröffentlicht: 2020-01-02T00:00:00+00:00


Scheint sich Ende 1817 – wie auch Goethes Brief an seinen Landesherrn suggeriert – der Sturm etwas gelegt zu haben, bricht er in der zweiten Januarhälfte erneut über das Herzogtum herein.

Am 20. Januar 1818 kommt der russische Gesandte Wassili Wassiljewitsch Chanykow nach Weimar, um die Beschwerde des Zaren über das Wartburgfest zu übergeben; ein skandalöses Fest wird es genannt. Rußland vermißt die in der »Heiligen Allianz« beschworene aristokratische Solidarität. Der Vorwurf, der Fürst lasse es zu, daß andere Regierungen kritisiert würden, und die Huldigungen der Studenten seien eine Blamage für ihn. Der Zar unterstellt seinem Verwandten politische Naivität beziehungsweise Ahnungslosigkeit. Er wird wie ein Schuljunge abgekanzelt. Der Ton der zaristischen Note ist völlig unangemessen.

Noch hat sich die Erregung darüber nicht gelegt, da erschüttert die Luden-Kotzebuesche Pressefehde das kleine Land. Heinrich Luden ist durch Indiskretion in den Besitz eines sehr abfälligen Geheimberichts Kotzbues gelangt, den dieser, lange in russischen Diensten und als deren Geheimagent geltend, über die Universitätsverhältnisse in Deutschland, besonders das Treiben in Jena für den Zaren Alexander I. verfaßt hat.

August von Kotzbue, der meistgespielte Bühnenautor seiner Zeit, in Weimar geboren, aufgewachsen und längere Zeit in der Stadt lebend, greift in seinem »Literarischen Wochenblatt«, das er dank der in Weimarer Landen existierenden Pressefreiheit veröffentlichen kann, regelmäßig die deutschen Universitäten an, verspottet vornehmlich die Burschenschaften und Turnerverbände als Brutstätten der Revolution, verhöhnt den von den Studenten verehrten Turnvater Jahn und die Ideale des Liberalismus und der deutschen Nationalbewegung.

Kotzebue, der Vielreisende, ist wieder einmal in Weimar. Goethe beobachtet, daß in Bürger- und Akademikerkreisen ein grenzenloser Haß gegen ihn existiert; man wüte gegen ihn wie gegen den Erbfeind. Was will man zu allem diesem sagen, heißt es an Voigt, als das es vorauszusehendes Unheil sey.

Er erkennt wiederum die Gefahr, von Ninive-Jena ist die Rede, wo über der Stadt die schwarze Wolke der Politik … zu ruhen sich Gelegenheit nimmt.

Kotzebue verlangt von der Weimarer Regierung die Rückgabe seines Geheimberichts. Graf Edling sagt ihm das im Namen des Regenten zu. Die Weimarer Behörden ordnen die sofortige amtliche Beschlagnahmung an.

Aber die Anweisungen gehen ins Leere, denn die Aushängebogen der betreffenden Nummer der »Nemesis« zirkulieren bereits. Schon wird von verschiedener Seite nachgedruckt, nicht nur in Ludens »Nemesis«, auch in Okens »Isis« und in dem von Wielands Sohn herausgegebenen »Volksfreund« erscheinen Kotzbues Geheimbericht und Ludens Erwiderung.

Der Skandal ist da und zieht weite Kreise.

Carl August geht von Abwehr und Verteidigung zum Angriff über. Er wirft dem Deutschen Bund vor, daß dieser sich noch immer weigere, die in Artikel 18 der Bundesakte schon verheißenen gleichförmigen Verfügungen über Preßfreyheit in Kraft treten zu lassen, obwohl er die Garantie für die weimarische Verfassung übernommen habe und damit die öffentliche Meinung zu günstigen Erwartungen in diese Richtung geradezu eingeladen habe. Er fordert auf Bundesebene das Staatsbürgerrecht der freien Meinungsäußerung ein und beschließt, sein Anliegen in Frankfurt zu verfechten. Am 6. April 1818 läßt er vor dem Bundestag in Frankfurt durch seinen Bundesgesandten von Hendrich seinen liberalen Standpunkt in der Pressefrage offiziell darlegen und den förmlichen Antrag auf Erlaß eines Rahmengesetzes gemäß Artikel 18 der Bundesakte einbringen.



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